Phantom der Zinne

Veröffentlicht von peter am

Nachdem Flo und ich die Moulin Rouge an der Rotwand wiederholt haben, wollten wir es heuer noch einmal wissen und suchten uns erneut eine Tour von Christoph Hainz aus. Diesesmal sollte es die „Phantom“ werden. Die Voraussetzungen waren nicht gerade ideal. Nachdem ich zwei Wochen viel gearbeitet und wenig (quasi 0) geklettert habe holte mich Flo Mittwoch Abend bei mir ab. Flo hatte auch einen langen Tag nach einem Versuch in der Dachstein Südwand und war alles andere als ausgerastet. Daher verschoben wir unser Projekt „Phantom“ um einen Tag und entschlossen uns zuerst ein bischen einklettern zu gehn (für mich) bzw. sich zu erholen (für Flo), und den Kopf für die Zinnen frei zu bekommen. Mir schwirrte schon länger der Heiligkreuzkofel im Kopf rum. Eine Tour war auch schnell ausgesucht – die „große Mauer“ von Reinhold Messner sollte es werden. Und die Tour war wirklich schön. Nach vier Längen die durch Kamine führen, kamen wir auf ein Band. Von hier aus wurde die Tour dann richtig schön: auf steile gelbe Kletterei folgte die berühmte Länge über die Schuppe, um dann in einer kurzen aber schönen Länge unter einen genialen Riss zu führe, über die man dann auf das Plateau der Fanesalm aussteigt.


die berühmte Schuppe in der „großen Mauer“ am Heiligkreuzkofel


Florian in der steilen Westwand des Heiligkreuzkofels

Wir hatten einen sehr schönen Tag und genossen es einfach wieder gemeinsam unterwegs zu sein. Tags drauf hieß es dann für uns: früh aufstehn. Der Wecker klingelte um 04:30 Uhr. Nach einem Frühstück gings auf in die Zinnen: Ticket gezogen, Schranken passiert (22€… +5€ für jeden weiteren Tag) rauf zum Parkplatz, Sachen geschultert und Marschrichtung Nordwand. Nachdem wir den richtigen Einstieg lokalisiert haben, stiegen wir wie geplant um 07:00 Uhr ein.


um 07:00 Uhr gings los

Da die Tour sehr anhaltend ist, haben wir uns dafür entschieden, blockweise immer 3 Seillängen zu führen, und danach zu wechseln. Auch zum ersten mal verwendeten wir ein Einfachseil und zogen den Rucksack mit einem Halbseil nach (eine Line konnte ich nicht mehr auftreiben). Flo führte souverän die ersten 30m mit eiskalten Fingern, um 2m vorm Stand doch noch ins Seil zu stürzen… ärgerlich!


Flo in der ersten Länge des Phantoms

Blöd war nur, dass er sich dabei ein tiefes Cut an einer Fingerspitze zuzog… Tape drüber und weiter gings! Die Kletterei liegt uns zwar und ist meist nicht supertechnisch, aber trotzdem muss man ein wenig Kletterkönnen beweisen und gscheid „zuabe hebn“, wie wir so gern auf gut tirolerisch sagen. Außerdem sind die Hakenabstände auch nicht gerade „klettergartenlike“. Zwar hatten wir einen Satz Friends dabei, aber den kann man in den schweren Längen nur sehr, sehr wenig einsetzen. Meistens ists gscheider einfach weiter zu klettern. Die mentale Schlüsselstelle war wohl, den ersten Haken in der zweiten Länge anzuklettern. Hier waren wir noch nicht ganz „geeicht“, und so hing ich mich ca 2m tief in den Stand rein, um einen möglichen Sturz möglich dynamisch sichern zu können.


der erste Haken steckt in ca. 7m Höhe… hier heissts Nerven beweissen


Florian in SL Nr. 2 – 7c

Flo bewies aber Nerven und stieg diese wirklich zache Länge einfach onsight durch. Lt. Topo ist sie mit 9 bewertet! Auch wenn es ev. ein wenig softer ist, wars wirklich zach. Gratulation für diese Leistung!!! Mein Kopf kam wohl noch nicht ganz mit dem Nachsteigerblödsinn zurecht.


Nachsteigen ist nix für mi… 🙂


mit der Mini Traxion zogen wir unseren Rucksack nach

Komisch, aber im Nachstieg fürchtete ich mich mehr als im Vorstieg… Das Resultat: 2 Sitzer in dieser zackigen Länge. Egal. Flo stieg souverän weiter und hakte die nächste 8+ ab. Der Rucksack wurde nachgezogen und ich folgte so zügig es ging.


anhaltend schwer


steil und geil

Dann war ich dran. Nach anfänglichen (mentalen) Startschwierigkeiten liefs, wie es laufen sollte. Ich konnte die nächste 8+ Länge sturzfrei vorsteigen. Flo folgte und wir hängten gleich die nächste 8- dran, die anstrengender war als erwartet. Die Crux der 6. Länge (7a) war gleich zu Beginn, welche ich einfach falsch erwischte… zu blöd angestellt könnte man auch sagen 🙂


weiter gehts – 8+ steht am Programm

Nach einem Sitzer gings dann weiter bis zum Band, wo die Phantom die Hasse Brandler kreuzt. Flo folgte (sturzfrei und zügig) nach. Wir machten mal eine ausgedehnte Pause. Unsere Schultern / Arme waren wirklich müde. Ich muss gestehen, dass ich schon ernsthaft an einen Rückzug nachdachte. Wir redeten zwar drüber, aber keiner von uns sprach das aus, was uns durch die Köpfe ging. Zuerst mal Pause machen… was essen, was trinken und dann wird alles gut! Wir entschlossen uns weiter zu machen. Flo war wieder mit führen dran. Die darauffolgende 7a Länge war nicht von schlechten Eltern und muss ehrlich geklettert werden.


aaanstrengend

Anschließend kam unser Knackpunkt: Kamen wir noch die darauffolgende Seillänge (9-/9) rauf, würden wir durchziehen. Wenn nicht, würden wir abseilen. Aber die 7a vorher ging auf einmal wieder so gut von der Hand (die Pause hats echt gebracht), dass wir nicht mehr an einen Abbruch dachten.


hier heissts nochmal zupacken (9-/9)


es is immer noch steil


der Rucksack wird nachgezogen

Flo zog rauf und musst ein paar mal rasten. Mit seinen aufmunternden Worten – „nur Ausdauer“ – stieg ich so gut es ging nach. Und mir ging diese Länge dann noch sturzfrei auf. Einfach ein geniales Teil!


laaang und steil


super Fels!


schön viel Luft unterm Hintern

Dann noch zwei leichtere Längen (6+ & 6) und wir standen unter der Schlüssellänge. Wir waren beide sehr müde und entschlossen uns auf einen Freikletterversuch zu verzichten.


6+… gar nit so easy 🙂


schön ausgesetzter 6er


die haben wohl schon ein paar Jährchen auf dem Buckel


die steile Schlüssellänge… hier war dann Schluss mit freiklettern für uns..

Diese kurze Länge gingen wir also A0 (was auch kein Problem war, da dies die wohl bestabgesichertste Länge der Tour ist. Kein Wunder, da sich die Phantom diese Länge mit der Sachsendiritissima teilt, welche im Winter 1963 mit 17 Biwaks in der Wand (!!!) eröffnet wurde. In der darauffolgenden Länge, welche mit 6+ / 7- bewertet ist, schauten wir nicht schlecht: die Kletterei war weiterhin zackig und die Absicherung spärlich.


6+ / 7- aber oho 🙂

Irgendwie fand ich nicht den Stand und war auch schon körperlich und mental müde. Nachdem ich sah, dass ich zur Hasse/Brandler rüberqueren konnte, machte ich das. Am Wandbuch machte ich Stand und sicherte Flo nach. Wir waren wohl nicht besonders schnell geklettert, hatten wir doch schon Sonne in der Nordwand. Hier verbrauchten wir noch etwas von unserem Proviant und schossen uns noch einen Red Bull Shot rein.


Pause am Hasse/Brandler Wandbuch. Snickers: wenn dich der Hunger packt 😀


der Hasse Ausstieg war uns bestens bekannt

Die Lebensgeister erwachten wieder 🙂 Die restlichen Seillängen zum Band kannten wir beide und zogen sie recht zügig durch. Müde, aber glücklich standen wir 12h nachdem wir eingestiegen waren (wie gesagt – wir waren nicht die schnellsten) um 19:00 Uhr am Ringband der großen Zinne.


Abendstimmung am Ringband – der hohe Zwölfer im Hintergrund


geschafft – jetzt müssen wir nur noch abseilen… ein bischen müde sind wir schon

Einen schnellen Händedruck später querten wir auch schon raus aus der Wand und gingen Richtung Westwand über welche wir abseilten. Das obligatorische Bier gabs dann anschließend in der Helm Pizzeria in Vierschach. Es war eine grandiose Tour in atemberaubenden Ambiente. Wie immer war es grenzgenial geil mit Flo am Seil unterwegs zu sein. Er gehört sicher zu den stärksten Seilpartnern, mit denen ich bisher unterwegs sein durfte! Ich hoffe dass wir uns bald wieder sehen und auch wieder gemeinsam was gscheids anreißen werden!

Fotos vom Phantom

Der Tag nach dieser schönen Tour holte mich wieder runter… um ca. 10:00 Uhr leutete mein Handy. Ich bekam die Info, dass der Blasl Sepp in den Lienzer Dolomiten tödlich abgestürzt war. Ich konnte es erst Stunden später begreifen…


mit Sepp auf der Lavarellahütte nach der „Via Messner“ in der Neunerspitze Südwand

Auch wenn ich den Sepp nur selten sah , schätzte ich ihn sehr als Bergsteiger und vor allem als Mensch. Bewundernswert, dass sein Feuer für die Berge mit 75 Jahren noch immer hell brannte. Somit ist es wohl tröstlich, dass er bei etwas gestorben ist, was für ihn mitunter zum Wichtigsten in seinem Leben gehört hat. Sepp – ich werde dich vermissen! Du warst mir ein großes Vorbild – ein letztes Berg Heil!

Nachruf Sepp Mayerl


4 Kommentare

Lukas · 4. August 2012 um 18:51

Wiedermal ein BIG RESPECT für die wahhalsige Tour. bitte passt’s mir aber immer gut auf 🙂

Andi · 6. August 2012 um 11:19

Super Leistung von euch!

Stephan Wolf · 13. August 2012 um 19:41

Starke Leistung Jungs!

Kllaus Rudolf · 1. September 2012 um 18:27

Hochachtung Jungs für Eure Nerven und Muskelstärke.
Dabei noch so eindrucksvolle Bilder quasi aus der Hüfte zu schießen,einfach unglaublich !
Kletterer und Berg eine fantastische Symbiose durch beste Vorbereitung und starke Nerven… alleine für sesselhockende Betrachter aus der geschützen Position !

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