Hermann Buhl Gedächtnisweg

Veröffentlicht von export am

Hermann Buhl war einer der größten Alpinisten in der Geschichte. Er starb bei einem Wächtenbruch an der Chogolisa (7668m) 1957. Dietrich Hasse und Lothar Brandler widmeten ihm eine großartige und schwierige Erstbegehung an der Rotwand im Rosengarten. Als mir Roli von seiner Begehung im Sommer 2012 erzählte, wusste ich: das is nix für mich. Ein Felssturz hatte die Tour beträchtlich verändert und dementsprechend schlecht dürfte der Fels dort sein.


die mächtige Rotwand im Rosengarten

Als ich dann zufällig noch einen Bericht im Internet fand, in der die neue Umgehungsvariante beschrieben wurde, bin ich wieder auf diese schöne Wand aufmerksam geworden. Schließlich ist mir letztes Jahr hier gemeinsam mit Florian die Onsightbegehung (im Überschlag – Schlüssellänge im Vorstieg) der wunderschönen „Moulin Rouge“ gelungen. Ich hatte also sehr gute Erinnerungen an diese Wand. Mit Stephan hatte ich einen saustarken Partner (er klettert im Klettergarten bis 8c), der allerdings noch wenig Alpinerfahrung hatte. Seine mentale Stärke stellte er aber schon bei einigen onsight free solo Begehungen bis zum 7. Grad (soweit ich richtig informiert bin) unter Beweis. So starteten wir in der Früh in Innsbruck, fuhren mit der Seilbahn bis zur Paolinahütte und standen eine Stunde später unter der Wand. Die erste leichte Länge gingen wir noch seilfrei rauf und starteten mit der 7+ Länge.


Stephan in der ersten Seillänge (7+)


diesselbe Seillänge von oben

Stephan stieg souverän vor, machte Stand und holte mich nach. zwei weitere leichte Längen später standen wir am Stand unter dem Felssturz. Ich war mit Vorsteigen dran und querte über das brüchige Band in die Umgehungsvariante.


„Fetznstand“


auch die vermeintlich leichten Längen brauchen Zeit


unter dem steilen Gemäuer

Offenbar hatte ich die Expressschlingen nicht genug verlängert und schaltete meinen Onsightversuch dieser Länge mittels Seilreibung selbst aus… Die Kletterei war sehr schön, der Fels fest und die Züge gar nicht so einfach. Mit einem Sitzer konnte ich diese Seillänge absolvieren.


Stephan in der ersten schweren Länge (8+/9-)


ganz schön knifflig

Stephan folgte zügig und machte sich auch gleich ans Werk der nächsten Länge, welche sich als Schlüssellänge entpuppen sollte. Mit seiner supersauberen Technik und enormen Kraftausdauer schleichte er sich diese senkrechte / leicht überhängende Länge im 9. Grad hoch.


senkrecht bis leicht überhängede Länge im unteren 9. Grad

Leider konnte er sie nicht onsight klettern… aber mit einem Sitzer in der Crux wars eine tolle Leistung (schließlich kannten wir die Tour nicht). Ich folgte zügig (nicht alles frei) und machte mich an die nächste kurze 8+ Länge. Der Stand war ein Gewirr aus uralten Haken… hier trifft man wieder auf die Originallinie.


na habe die Ehre!


wtf?


Stephan in der 8+ Länge


auch 8+ kann anstrengend sein 😀


und schön luftig ists hier

Das merkten wir auch schlagartig an der Qualität der Absicherung: die Haken waren wirklich sehr schlecht… Nun folgte die nächste Schlüssellänge: 40m schräg nach rechts oben, senkrechte bzw. leicht überhängende Kletterei auf eigentlich ganz gutem Fels, aber total beschissener Absicherung. Und das im glatten 9. Grad!


auf gehts in die Schlüssellänge


Stephan im Killermodus!


ihm gelingt diese superanspruchsvolle Seillänge im Onsight – WAHNSINN!!

Stephan legte einen unglaublichen Fight hin und konnte diese Länge onsight klettern!! Eine unglaubliche Leistung. Für mich sicherlich eine der stärksten Leistungen, die ich je am Berg gesehen habe! Ich folgte mit Rucksack so schnell es ging (mehr A0 als freie Kletterei) und machte mich danach sofort ans Werk der nächsten Länge im 8. Grad, welche auch gut onsight auf ging. Stephan kletterte die nächste 7+ welche wirklich nicht geschenkt war, und ich dann die letzte schwere Länge, welche auch mit 7+ sicher nicht überbewertet ist. In diesen Längen trug das splittrige Gestein und die schlechten Haken und Standplätze ihr übriges dazu bei. Zusätzliches Absichern war teilweise sehr schwierig.


in einer der anspruchsvollen 7+ Längen

Nach zwei etwas leichteren Längen standen wir eine Seillänge unter dem Gipfel. Da kam das was wir überhaupt nicht gebrauchen konnten – ein Hagelgewitter. Wir wollten nur den ärgsten Hagel abwarten um dann die letzte Seillänge über die Moulin Rouge so schnell wie möglich raus zu klettern. Es hagelte allerdings stärker und länger als gedacht. Wir setzten uns ein Zeitlimit. Um 19:30 Uhr wollten wir die letzte Seillänge in Angriff nehmen – egal wie das Wetter war. Und tatsächlich: es machte keinen Anstand besser zu werden. Über eine Stunde sind wir so wenig geschützt vor dem Hagel am Band gesessen.


1 SL unter dem Gipfel erwischt uns das Gewitter

Als es dann 19:30 Uhr war ist Stephan (er war dran mit vorsteigen) in die letzte 6+ Länge eingestiegen. Supervorsichtig schleichte er so die fetznasse Länge rauf. Ich kletterte so schnell es irgendwie ging nach. Wir nahmen die Seile auf… da knisterten auch schon die Klettverschlüsse unserer Regenjacken… die elektrostatische Ladung war nicht zu überhören. Unsere exponierte Lage am flachen Gipfelplateau (außer uns und dem Kreuz gabs keine Erhebungen) ließ mich etwas nervös werden. Beim vor elektrischer Aufladung surrendem Kreuz vorbeilaufend (es klang wie ein Traffo), nahmen wir sofort im Eilschritt den Abstieg über den Klettersteig in Angriff. Das Stahlseil so wenig wie möglich benutzend, rannten wir so schnell es ging den Grat runter. Stephan griff 1x ins Stahlseil, welches logischerweise fetznass war. Er rutschte aus und machte einen 4m Abflug über die Kante! Mit mehr Glück als Verstand detonierte er auf einem Absatz ein und hat sich nur ein wenig den Finger verletzt… puh… das hätte noch schlimmer ausgehen können. Als ich dann in der Scharte eintraf und Stephan 50m hinter mir nachkommen sah, schlugen drei Blitze am Gipfelplateau ein… wir hatten wirklich ziemliches Glück! Es wäre keine Option gewesen über die Buhl abzuseilen, weil die Standplätze schlecht und die Linienführung mit Querungen nicht zum Abseilen geeignet gewesen wäre. Wir hofften einfach darauf, dass wir die letzte Seillänge so schnell wie möglich absolvieren konnten – was aber durch den anhaltenden Hagelsturm viel länger dauerte als erwartet. Schlussendlich ging alles dann noch gut aus… was lernen wir daraus? egal wie stark es hagelt – gleich die letzte Seillänge absolvieren und runter, bzw. schneller klettern 🙂 (Geschwindigkeit = Sicherheit) Diese Tour hatte für uns sicherlich großen Abenteuercharakter. Danke für den intensiven Tag Stephan 🙂

Fotos Buhl Geächtnisweg


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